Weberwiese –

Milieu sind wir! ...

...ist eine Initiative von Mietern*innen in einem denkmalgeschützten Gebäudekomplex im Milieuschutzgebiet Weberwiese in Berlin-Friedrichshain, gelegen zwischen Warschauer Straße, Frankfurter Tor und Ostbahnhof. Unsere Gebäude umfassen 35 Aufgänge mit insgesamt knapp 500 Wohnungen, in denen hunderte Mietparteien wohnen, einige bereits seit dem Bau der Häuser im Jahre 1954.

Seit 2012 wurden die Häuser sukzessive in Eigentumswohnungen aufgeteilt, einige erst im Sommer 2015. Ein Jahr später, im August 2016, trat das Milieuschutzgebiet in Kraft. Im Rahmen eines Share Deals sind die Wohnungen in den Besitz der Firma White Tulip GmbH (ein Teil der Investmentgesellschaft PineBridge Investments, verwaltet durch Residea Immobilien Management GmbH) übergegangen und es wurde damit begonnen, die Eigentumswohnungen international unter dem Namen 54East zu vermarkten.

Nachdem in den 30 Jahren nach der Wende nichts gegen unsere bröckelnden Fassaden und maroden Fensterrahmen unternommen worden war, wurden inzwischen bei der Hälfte der Häuser Fassaden, Ornamente, Treppenhäuser und Gartenanlagen denkmalgerecht instand gesetzt. Dies dient jedoch offensichtlich nur der besseren Vermarktung der Wohnungen, denn auf die Nöte und Bedürfnisse der Bestandsmieter*innen wird dabei keinerlei Rücksicht genommen. Elektrik und Bäder bleiben unrenoviert, Fensterrahmen werden zum Teil nicht erneuert.

Das Ensemble gleicht inzwischen einem Schweizer Käse: In vielen Häusern sind bereits einzelne Wohnungen verkauft worden, viele Wohnungen wurden über Jahre über Drittfirmen wie Orbis, Wunderflats, NM Co-Living GmbH, Stellar Living (Teil von Residea Development GmbH) gewerblich möbliert vermietet. Parallel dazu gab es auch viele Leerstände und in manchen Gebäuden wurden vereinzelt leere Wohnungen renoviert.

Aktuelle Situation

Aktuell beauftragt unsere Hausverwaltung Residea eine Fremdfirma Prints Immobilien, viele Mieter*innen zu kontaktieren, ihnen konkrete Kaufangebote zu machen, bzw. ihnen Abfindungen bei Auszug anzubieten und Aufhebungsverträge abzuschließen. Die wenigsten Mieter*innen können jedoch die finanziellen Mittel aufbringen, um von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen und die Abfindungszahlungen helfen wenig, betrachtet man die schwindenden Chancen, heutzutage überhaupt vergleichbaren Wohnraum in Berlin zu finden.

In den letzten drei Jahren wurden bereits ca. 50% der Gebäude denkmalgerecht renoviert, d.h. die Fassaden, Dächer und Treppenhäuser wurden saniert, aber an irgendeinem Punkt blieben diese Bauarbeiten dann stecken und die verbleibenden 17 Gebäude blieben weiterhin unrenoviert. Die Baugerüste sind schon seit über einem Jahr verschwunden, seitdem werden nur noch kleine Reparaturen hier und da gemacht. Darüber hinaus gibt es einen Block, der seit 1954 weder instand gesetzt noch äußerlich renoviert wurde.

Häuserblock

Sozialer Wohnraum

Unser Ensemble  wurde 1954 nach dem Vorbild des Architekten Rudolf Weise entworfen und ist im Kontext mit der Bebauung der heutigen Karl-Marx-Allee von besonderer stadthistorischer und sozialer Bedeutung. Es gehört nach Kriegsende zu dem ersten zusammenhängenden Neubaugebiet Ost Berlins. Ursprünglicher Sinn und Zweck war es damals, gute Wohnstandards für wenig Geld anzubieten.

Die Sozialstruktur in unserem Kiez ist immer noch sehr durchmischt, die große Mehrheit ist allerdings nach wie vor auf sozialverträgliche Mietwohnungen angewiesen. Nach der Wende ging unser Ensemble ursprünglich in den Besitz der WBF (heute WBM)  über. Während ein kleinerer Teil  des ursprünglichen Ensembles (Ecke Marchlewski / Wedekindstraße, ggü. Polizeidirektion 5) weiterhin in den Händen der WBF verblieb, wurde der Großteil im Jahr 1998 erstmals an einen privaten Investor – die Duisburger Firma IBC – verkauft, die schon wenig später Insolvenz anmelden musste. Daraufhin wurde das Ensemble von einem Insolvenzverwalter zwangsverwaltet. Erst im Jahr 2006 fand ein weiterer Verkauf an den stadtbekannten Investor Taekker statt. Im Jahr 2017 ging das Objekt in Form eines Share Deals an die heutige Haupteigentümerin White Tulip über.

Soziale Verantwortung

Angesichts des extrem angespannten Wohnungsmarkts und dem Mangel an sozialem Wohnraum in Berlin bietet sich hier und jetzt für das Land Berlin und den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Gelegenheit, bezahlbaren Wohnraum im bereits seit 2016 bestehenden Milieuschutzgebiet zu erhalten und seiner sozialen Verantwortung gegenüber uns, den Bestandsmieter*innen, gerecht zu werden. Die soziale Struktur unserer Häuser ist extrem durchmischt – Student*innen aus aller Welt leben Tür an Tür mit Familien und Mieter*innen der ersten Stunde – und sollte unbedingt vor spekulativer Veräußerung und rein profitorientierten Verwertungsstrategien geschützt werden. Ursprünglich für die Arbeiterklasse entworfen, ist das Ensemble Teil des ikonischen Stadtbilds von Berlin und eine Kulisse für Filme wie “Das Leben der anderen” oder die Serie "Weissensee" – einige der Menschen, deren Leben in der ehemaligen DDR dort dargestellt wird, leben nach wie vor in diesen Häusern.

Unser Anliegen ist es, für den Erhalt unseres Zuhauses und der angestammten Nachbarschaft einzustehen und die Häuser, in denen wir leben, vor dem Ausverkauf zu bewahren. Das können wir unmöglich alleine schaffen, sondern sind auf die Hilfe von Politik und öffentlicher Hand angewiesen. Deshalb suchen wir Mittel und Wege, um mit Hilfe öffentlicher Finanzierungsmodelle und im Dialog mit den Eigentümer*innen eine gemeinsame Lösung zu finden, die auch dem Gemeinwohl dient.

Disclaimer: Für die hier genannten Daten erheben wir keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit.